«Geld und Finanzen sind kein Selbstzweck, sondern ein Ermöglichungsfaktor»
Am Freitag ging eine ?ra zu Ende: 20 Jahre lang hat Robert Perich als Chief Financial Officer (CFO) die Entwicklung der ETH Z¨¹rich mitgepr?gt, Finanzen & Controlling neu strukturiert und zum Instrument der Hochschulsteuerung ausgebaut. Wichtig war ihm die eigenverantwortliche Mittelbewirtschaftung der Professuren und Ó¢»ÊÓéÀÖ sowie eine nachhaltige Finanzpolitik.
![Porträt von Robert Perich](/de/news-und-veranstaltungen/eth-news/news/2023/04/geld-und-finanzen-sind-kein-selbstzweck-sondern-ein-ermoeglichungsfaktor/_jcr_content/wide_content/image_1551470566/image.imageformat.1286.305273135.jpg)
Das Wichtigste in K¨¹rze
- 2003 kam Robert Perich als Direktor Finanzen und Controlling an die ETH Z¨¹rich. Von 2008 bis M?rz 2023 war er Vollmitglied der ETH-Schulleitung (SL) und erlebte rund 550 SL-Sitzungen.
- In dieser Zeit wurde das ETH-Finanzwesen neu strukturiert ¨C mit Fokus auf Entscheidungsvorbereitung, Erm?glichung von Hochschulentwicklung sowie St?rkung der eigenverantwortlichen Mittelbewirtschaftung der Professuren und Ó¢»ÊÓéÀÖ.
- Heute ist die ETH Zu?rich weltweit eine der wenigen Hochschulen, die ein ?Volltestat des Rechnungslegungsstandards IPSAS besitzen.
Heute beginnt f¨¹r Robert Perich ein neuer Abschnitt an der ETH Z¨¹rich. 20 Jahre lang hat er das Finanzwesen der Hochschule gepr?gt und mit der ihm eigenen Geradlinigkeit und Offenheit zusammen mit seinem Team zu einem zeitgem?ssen Instrument der Hochschulsteuerung entwickelt. Am vergangenen Freitag hat seine Amtszeit als Vizepr?sident f¨¹r Finanzen und Controlling geendet. Nach einem Aufenthalt in Cambridge wird er die Leitung der Swiss School of Public Governance ¨¹bernehmen und als Professor of Practice am Departement Management, Technologie und ?konomie (D-MTEC) wirken. ?Ich freue mich darauf, nun etwas k¨¹rzer treten zu k?nnen. Gleichzeitig will ich in dieser letzten beruflichen Phase nochmals etwas Neues anpacken sowie meine langj?hrige Erfahrung und mein Wissen aus dem Hochschulmanagement weitergeben.?
In den zwei Jahrzehnten, in denen Perich zun?chst als Direktor, dann als Vizepr?sident f¨¹r die Finanzen und das Controlling der ETH verantwortlich war, hat die Komplexit?t des Hochschulmanagements zugenommen, und die Anspr¨¹che der verschiedenen Bezugsgruppen an die Planung und Allokation der Mittel sowie die Transparenz der Mittelverwendung sind gestiegen. Die ETH selbst hat in dieser Zeit stark expandiert: so hat sich etwa die Anzahl der Studierenden seit 2003 verdoppelt, diejenige der Mitarbeitenden stieg um 80 Prozent und diejenige der Professuren um 70 Prozent. Auch das ETH-Jahresbudget ist heute mit 1,85 Mrd. Schweizer Franken im Vergleich zu 2003 um gut 70 Prozent h?her, wobei sich darin auch der ¨C aufgrund der gezielten Diversifikation ¨C ¨¹berproportional gestiegene Anteil an projektorientierten Drittmitteln und Donatoren-Geldern niederschl?gt.
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Ein fr¨¹her Durchbruch: 2005 legten ETH-Pr?sident Olaf K¨¹bler und Robert Perich den Grundstein f¨¹r ein neu strukturiertes ETH-Finanzwesen. (Bild: ETH Z¨¹rich) -
2018 mit ETH-Pr?sident Lino Guzzella: Damals wurde die finanzielle Eigenverantwortung der Professuren und Ó¢»ÊÓéÀÖ weiter gest?rkt. (Bild: ETH Z¨¹rich)
Finanzen im Dienst strategischer Entscheidungen
?Geld und Finanzen sind Erm?glichungsfaktoren einer angestrebten Entwicklung und kein Selbstzweck?, sagt Perich, ?Finanzplanung war f¨¹r mich nie eine rein technische Angelegenheit. Mir ging es darum, den Gestaltungsspielraum der ETH in Lehre, Forschung und Wissenstransfer durch finanzielle Planungsstabilit?t und Transparenz zu erm?glichen.? Teil dieser Konzeption von Finanzen und Controlling ist es, Strategien und Ziele mit Fakten zu untermauern und damit den Nutzen und die Wertsch?pfung der Wissenschaft konkret darzustellen (vgl. ?Wie die ETH Wert schafft? im interaktiven Gesch?ftsbericht 2022).
Tats?chlich hat sich das ETH-Finanzwesen unter Robert Perich gr¨¹ndlich ver?ndert. Ein sichtbarer Ausdruck davon ist die Jahresrechnung im ETH-Gesch?ftsbericht, die seit 2017 vollst?ndig nach Regeln des International Public Accounting Standards (IPSAS) erstellt wird. ?Heute ist die ETH Zu?rich weltweit eine der wenigen Hochschulen, die ein IPSAS-Volltestat besitzen?, freut sich Robert Perich, ?die Qualit?t unseres Finanzwesens und die Transparenz unserer Mittelverwendung brauchen sich im Vergleich mit den Standards privatwirtschaftlicher Organisationen in keiner Weise zu verstecken.?
![Perich vor einem Whiteboard, erklärt was zu sehen ist.](/de/news-und-veranstaltungen/eth-news/news/2023/04/geld-und-finanzen-sind-kein-selbstzweck-sondern-ein-ermoeglichungsfaktor/_jcr_content/wide_content/image_1776893706/image.imageformat.1286.955896456.jpg)
Klare Governance-Strukturen, effiziente administrative Prozesse
Grundlegende Meilensteine legte Robert Perich fr¨¹h. Auch wenn sie eher unscheinbar klingen, so waren die Einf¨¹hrung des ETH-Finanzreglements von 2005 und das 2008 mit dem ETHIS-Portal eingef¨¹hrte Informations-? und Support-?System der ETH von grosser Tragweite. Sie bildeten eine unabdingbare Basis, um den Umgang mit den grundlegenden administrativen Prozessen im Finanz-, Personal- und Beschaffungsbereich an der ETH im Alltag effizient und zunehmend digital abzuwickeln.
Sowohl das Finanzreglement als auch ETHIS ber¨¹cksichtigen die Eigenheiten, wie die ETH als Hochschule funktioniert: dazu geh?rt, dass sich ETH-Schulleitung, Ó¢»ÊÓéÀÖ und Professuren die Verantwortung f¨¹r die Hochschulsteuerung teilen (engl. ?shared governance?), wobei stufengerecht m?glichst viel Eigenverantwortung an die akademischen Einheiten delegiert wird (sog. Subsidiarit?tsprinzip). Perich vergleicht die ETH auch nicht mit einem straff von oben f¨¹hrbaren Unternehmen, sondern sieht sie viel eher als ?Holding?, bestehend aus einem vielf?ltigen Netzwerk mit mittlerweile 560 Professuren, die weitgehend eigenst?ndig wie Kleine und Mittlere Unternehmen (KMU) agieren. Diese grossz¨¹gigen Handlungsspielr?ume und deren verantwortliche Nutzung ?vor Ort? sind ein wesentlicher Erfolgsfaktor im weltweiten, dynamischen wissenschaftlichen Wettbewerb.
Schon als Direktor Finanzen und Controlling nahm Perich jeweils an den Sitzungen der Schulleitung teil ¨C allerdings ohne Stimmrecht. Mitglied der ETH-Schulleitung wurde er 2008. Robert Perich war damals das erste Schulleitungsmitglied, das nicht aus der Professorenschaft kam: ?Ich war von Anfang akzeptiert?, erinnert sich Perich, ?entscheidend war, eine professionelle Managementperspektive einzubringen und diese mit dem n?tigen Verst?ndnis f¨¹r die Bed¨¹rfnisse des akademischen Umfelds zu verbinden. Insofern konnte ich sicherlich einen Beitrag zur n?tigen St?rkung der Diversit?t des Gremiums leisten.?
![Gruppenbild 5 Personen der Schulleitung, darunter Perich.](/de/news-und-veranstaltungen/eth-news/news/2023/04/geld-und-finanzen-sind-kein-selbstzweck-sondern-ein-ermoeglichungsfaktor/_jcr_content/wide_content/image/image.imageformat.1286.1743140906.jpg)
Kommen nun die mageren Jahre?
Insgesamt erlebte Robert Perich rund 550 Schulleitungs-Sitzungen und arbeitete mit gesamthaft 18 Schulleitungsmitgliedern (davon sechs Pr?sidenten) zusammen. An der Arbeit in der Schulleitung sch?tzte er, wie die Mitglieder auch bei kontroversen Dossiers mit Respekt und Achtung sowie faktenorientiert diskutierten: ?Wir vertraten nicht prim?r unsere Ressortinteressen, sondern wir hatten stets das Wohl der Gesamtorganisation im Blick.?
Wenn Perich nun den Finanzbereich der ETH an seinen Nachfolger Stefan Spiegel ¨¹bergibt (vgl. ETH-News vom 10.03.2023), so hinterl?sst er eine finanziell solid aufgestellte ETH. Doch wie sch?tzt er die Zukunftsaussichten ein? Muss die ETH, da der Bund bereits Sparmassnahmen angek¨¹ndigt hat und diese auch Bildung, Forschung und Innovation betreffen, bald schon den G¨¹rtel enger schnallen? Die ?ffentlichen Finanzen unterliegen immer auch konjunkturellen und strukturellen Zyklen, sagt Perich. Als er 2003 an die ETH kam war ebenfalls eine Phase des erh?hten Spardrucks.
Allerdings weist er darauf hin, dass sich die stabilen und zur Gewohnheit gewordenen Wachstumsaussichten seit 2020 durch die Corona-Krise, den Krieg in der Ukraine, Lieferengp?sse, rasch ansteigende Inflationsraten sowie steigende Energie- und Rohstoffpreise getr¨¹bt haben. ?Das wird noch einige Zeit dauern, bis sich die Lage wieder entspannt. Vor diesem Hintergrund m¨¹ssen in naher Zukunft alle an der ETH sparen. Ich bin trotzdem ¨¹berzeugt, dass die ETH daraus gest?rkt hervorgeht.?
Zum Schluss noch dies: Zu Robert Perichs Mandaten geh?rten auch die Gastronomie, der Hochschulsport (ASVZ) und der ETH Store, die im ?speziell Freude machten? ¨C darum haben ihn seine Mitarbeitenden zum Abschied auch mit einem eigenen ETH-Pulli in Pink ¨¹berrascht.